H2-Nutzung ins Rollen bringen
AutorIn: | HyExperts Hagen |
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Datum: | 09. Mai 2023 |

CVD und THG als gesetzliche Leitplanken
Mobilität ist nicht nur in Hagen ein wichtiger Schwerpunkt. Der Verkehrssektor konnte seine Treibhausgas-Emissionen bislang nicht spürbar senken – im Gegenteil. „Eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen sollen das ändern“, erklärt Projektingenieurin Lena Maier. „Mit der Clean Vehicles Directive (CVD) hat die EU zum Beispiel eine Richtlinie erlassen, die Neubeschaffungsquoten emissionsarmer und -freier Fahrzeuge in Fuhrparks vorgibt.“ Für Deutschland wird das seit 2.8.2021 im Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG) geregelt. Im Klartext heißt das: Wenn Kommunen neue Busse oder etwa Nutzfahrzeuge für die Abfallentsorgung anschaffen, müssen feste Quoten an sauberen Fahrzeugen eingehalten werden – etwa durch die Nutzung von Wasserstoff.
„Die seit 2015 bestehende Treibhausgasminderungs(THG)-Quote schafft zusätzliche Motivation“, sagt Projektleiter Shaun Pick. „Bis 2030 soll damit die Quote zur Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen im Vergleich zum Basiswert auf 25 Prozent angehoben werden, so die Vorgabe.“ Wer die Quote nicht erfülle, müsse mit Strafzahlungen rechnen. Es gibt aber einen THG- Quotenhandel, wo Akteure Quoten kaufen und verkaufen könnten. In jedem Fall gilt: Wer schon jetzt auf emissionsfreie Antriebsformen wie Wasserstoff setzt, macht die eigene Mobilität zukunftssicher.
H2 kommt an
Was tut sich denn bereits konkret in Hagener Unternehmen aus Kommune und Wirtschaft mit Blick auf die gesetzlichen Verpflichtungen? Wie sieht es in ihren Fuhrparks aus und welche Überlegungen gibt es dabei in Sachen Wasserstoff? Dazu haben die HyExperts erste Gespräche mit Akteur*innen in der Region geführt. Beteiligt waren Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, darunter aus der Kommune, aus Verkehr und Logistik sowie der Energieversorgung. Von 27 Betrieben, so die beiden Fachleute, interessieren sich 23 für das Thema Wasserstoff. Dabei lassen sich mehrere Tendenzen erkennen: Während etwa die Busunternehmen im ÖPNV für ihre Flotten eher auf batterieelektrischen Antrieb setzen, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, zeigen insbesondere die örtlichen Logistik-Unternehmen starkes Interesse am Antrieb mit Wasserstoff. „Die meisten Akteure sind, wie wir selbst, noch in der Phase der Konzeption und Ideenfindung“, erläutert Shaun Pick. „Nur eine sehr geringe Zahl ist bereits auf dem Weg der konkreten Umsetzung.“
Von der Gasleitung zur H2-Pipeline
Dass insbesondere in und um Hagen Wasserstoff als ernstzunehmende Option für die Wirtschaft gehandelt wird, mag auch mit einem Vorteil zu tun haben, den man hier gegenüber anderen HyExperts-Regionen ins Feld führen kann: Es gibt sehr gute infrastrukturelle Voraussetzungen. Dazu zählen zum Beispiel regionale Gasleitungen, die in naher Zukunft auf Wasserstoffnutzung umgestellt werden könnten. Damit wäre ein sogenanntes Inselnetz denkbar, ein Anschluss an ein übergeordnetes Fernnetz erfolgt ab 2030.
Ein wichtiger Aspekt, wie die Gespräche ergaben, ist auch der Standort einer zukünftigen Wasserstoff-Tankstelle für den Schwerverkehr. Hier sei bei der Planung neben den üblichen Kriterien wie Wirtschaftlichkeit oder Flächennutzung auch auf die Besonderheiten der Hagener Region zu achten, so Shaun Pick. Für die Lastzüge, die die H2-Lieferung für die erste Zeit nach dem Markthochlauf sicherstellen, aber auch für einen entspannten Stadtverkehr, wäre eine etwas außerhalb gelegene H2-Ladestation sicher günstiger als eine im ohnehin viel befahrenen Innenstadtbereich.
Technische Probleme sind lösbar
Die weiteren Herausforderungen, mit denen sich vor allem die Logistik-Unternehmen befassen, betreffen die Fahrzeuge selbst, führt Lena Maier aus. „Es sind schon erste Brennstoffzellen- Fahrzeuge im Schwerlastsegment auf dem Markt“, so die Ingenieurin. „Lkw ist aber nicht gleich Lkw. Zum Teil wird an technischen Herausforderungen noch gefeilt, etwa bei der Fahrerkabine, hinter der bislang häufig der Wasserstofftank eingebaut ist. Eine andere Position des Tanks brächte mehr Platz im Führerhaus, was insbesondere im Fernverkehr notwendig ist.“ Sich über all diese Details auszutauschen, habe nicht nur dem HyExperts-Team viel gebracht. Auch die teilnehmenden Stakeholder würden profitieren. Das bestätigt Projektleiter Shaun Pick: „Miteinander ins Gespräch zu kommen, ein Forum zum gegenseitigen Austausch zu haben, das wird seitens der Akteur*innen sehr begrüßt. Ich habe immer wieder zu hören bekommen, dass mehr Netzwerk-Arbeit rund um das Thema dringend nötig sei.“
Positiver Ausblick
Wie geht es jetzt für das Projektteam weiter, und wie sehen die nächsten Schritte aus? Lena Maier und Shaun Pick unterstreichen, dass sie sich in der Konzeptionsphase befinden, also wirklich noch am Anfang. Die nächsten Schritte – neben der Ermittlung eines optimalen Standortes für eine H2-Tankstelle – seien vor allem, den beteiligten Playern alle Optionen für die Entscheidungsfindung und mögliche Vorteile zu vermitteln. „Wir bieten Analysen der bestehenden Fahrzeugflotten an, Technologievergleiche, ebenso wie Wartungs- und Servicekonzepte für den zukünftigen Fuhrpark“, konkretisiert Lena Maier die anstehenden Aufgaben.
Natürlich gehe es auch um Kostenberechnungen, für die Neuanschaffung von Fahrzeugen ebenso wie für deren tägliche Nutzung, ergänzt Shaun Pick. Überdies wollen die HyExperts Ansprechpartner in der Region sein und den (technischen) Wissenstransfer sowie die Netzwerkarbeit vor Ort weiter voranbringen. Die insgesamt positive Grundstimmung beim Thema Wasserstoff, gepaart mit den infrastrukturellen Vorteilen der Region, so viel lasse sich auch in dieser frühen Phase schon sagen, biete jedenfalls eine Menge Potenzial: „Für uns hat Hagen das Zeug zum ,Hydrogen Valley‘.“